Lehre im Bereich Empirische Politikforschung

Sem (MA) Klassische Experimente/Studien und Relevanz für die Politikwissenschaft

Dozent:innen: Prof. Dr. Siegfried Schumann
Kurzname: Sem Klass. Experim.
Kurstyp: Seminar
Format: online

Voraussetzungen / Organisatorisches

Gültig für folgende vom Institut angebotenen Studiengänge:
- MA Politische Ökonomie Internationale Beziehungen (Modul 1 Politikwissenschaftliche Forschungsmethoden)
- MA Empirische Demokratieforschung (Modul 1 Politikwissenschaftliche Forschungsmethoden)
 

Empfohlene Literatur

Wird zu Beginn des Seminars bekanntgegeben.
Lese-Empfehlungen zur Vorbereitung:
Jahoda, Marie; Lazarsfeld, Paul F.; Zeisel, Hans: Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 2014 (23. Auflage).
Milgram, Stanley: Das Milgram-Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität. Rowohlt Verlag 2012 (17. Auflage).
Zimbardo, Philip: Der Luzifer-Effekt. Die Macht der Umstände und die Psychologie des Bösen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2008. (Neuauflage 2012)
Gribbin, John: Schrödingers Kätzchen - und die Suche nach der Wirklichkeit. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2007.
Wendt, Alexander: Quantum Mind and Social Science. Unifying Physical and Social Ontology. Cambridge University Press, Cambridge 2015.

Inhalt

Sie möchten sich mit zentralen Problemen der politikwissenschaftlichen Forschung auseinandersetzen und dabei (als "Aufhänger") auch noch viel diskutierte Experimente und Studien kennen lernen? Dann besuchen Sie dieses Seminar!
In dem Seminar werden wichtige Experimente und Studien besprochen, von denen jede(r) Studierende zumindest einmal gehört haben sollte. Wir betrachten deren Einfluss auf die politikwissenschaftliche Forschung und diskutieren in diesem Zusammenhang generelle Fragen zu den Möglichkeiten und Grenzen empirischer Forschung. Die Darstellung der Experimente und Studien ist also kein Selbstzweck, sondern Ausgangspunkt für weitergehende Überlegungen.
Wir beginnen mit einer kurzen Einführung zu den Themen „Experiment“ und „Beobachtung“ sowie der Vorstellung von Methodenexperimenten im Rahmen der Umfrageforschung, wobei bereits grundlegende Fragen zur Kausalität, zur Rolle des Beobachters und zur Messung von „Verhalten“ angesprochen werden. Noch einen Schritt weiter beschäftigen wir uns mit der Frage, inwieweit wissenschaftliche Forschung auf „Glaubenssätzen“ (wie einem materialistisch-deterministischen Weltbild) beruht und beruhen muss. Als wichtige Hintergrundinformation für mehrere der nachfogenden Sitzungen lernen wir ferner die experimentell gut bestätigte und breit anwendbare Theorie der kognitiven Dissinanz von Leon Festinger kennen.
1. Danach betrachten wir die Lernexperimente von Pawlow und Skinner stellvertretend für das behavioristische Paradigma, welches die Wissenschaft lange Zeit dominierte und schließlich von der heute gängigen kognitivistisch orientierten Sichtweise abgelöst wurde.
2. Anschließend beschäftigen wir uns mit den beiden Studien von LaPierre und von Hartshorne und May, welche ganz elementare Vorstellungen erschütterten: In einem Fall die Überzeugung, menschliches Verhalten könne ohne Weiteres aus Einstellungen erklärt werden und im anderen die Meinung, Menschen hätten in den unterschiedlichsten Situationen stabile, unveränderliche „Eigenschaften“.
Es folgt eine Reihe wichtiger Studien, welche unter verschiedenen Blickwinkeln die Rolle der „Situation“ thematisieren.
3. Wir beginnen mit den Studien von Asch zum Mehrheitseinfluss, welche zum Beispiel von Noelle-Neumann in den Überlegungen zur „Schweigespirale“ aufgegriffen wurden.
4. Danach betrachten wir die Milgram-Experimente und das Stanford Prison-Experiment (beides zum Einfluss situationaler Gegebenheiten auf politikwissenschaftlich relevantes Verhalten). Die beiden letztgenannten Studien sind auch deshalb von zentraler Bedeutung, weil hier eine der Grundannahmen der politikwissenschaftlichen Werteforschung, nämlich der Einfluss von Werthaltungen auf menschliches Verhalten, hinterfragt wird. Philip Zimbardo, der Initiator des Stanford Prison-Experiments, geht sogar noch einen Schritt weiter und bezweifelt, dass Menschen generell über unterschiedliche Situationen hinweg stabile Eigenschaften aufweisen (Zimbardo 2008: xii, 7). Die Implikationen dieser Behauptung für die politikwissenschaftliche Forschung sind enorm!
5. Anschließend beschäftigen wir uns mit der erfahrungsbasierten Entwicklung der sog. Gestpächstherapie von Carl Rogers, aus welcher ein Menschenbild resultierte, welches der qualitativen empirischen Sozialforschung zugrundeliegt.
6. Anschließend beschäftigen wir uns mit der Marienthal-Studie (als ein Beispiel für die derzeit oft empfohlene – aber nicht ganz unproblematische – „Triangulation“). Wir werden uns in diesem Zusammenhang fragen, inwieweit quantitativ und qualitativ orientierte Forschungsstrategien kompatibel sind.
7. Schließlich betrachten wir die Libet-Experimente (welche eine intensive Diskussion über die „Willensfreiheit“ auslösten – eine Vorstellung, die es insbesondere auch in Bezug auf politikwissenschaftliche Hypothesen zu diskutieren gilt),
8. Wahrnehmungsexperimente (welche uns die Unmöglichkeit einer im Rahmen der Messung angenommenen „1:1-Abbildung der Realität“ vor Augen führen und zu Überlegungen in Richtung "radikaler Konstruktivismus" führen) sowie
9. Experimente zur Beschaffenheit der Materie (welche die Frage aufwerfen, was in letzter Konsequenz unter „der Realität, die es zu erforschen gelte“, zu verstehen sei).
Alle genannten Punkte sind für die politikwissenschaftliche Forschung von grundlegender Bedeutung.

Zusätzliche Informationen

Auch im Wintersemester 2020/21 muss ja bekanntlich (bis auf Weiteres) die Lehre wieder auf ungewohnte Weise (sprich: digital und asynchron) durchgeführt werden. Ich habe mich bemüht, für das oben genannte Seminar dennoch ein sinnvolles Vorgehen zu implementieren, bei dem Sie sich mit den vorgesehenen Themen befassen und die vorgesehenen Inhalte erlernen können – ohne dabei inhaltlich oder technisch „überfordert“ zu werden.
Zu Semesterbeginn wird ein Seminarplan (mit Datumsangaben) bereitgestellt (Moodle), der Ihnen einen Überblick über die in den einzelnen Stunden zu behandelnden Themen bietet.
Zu den einzelnen Stunden ist jeweils „Einstiegslektüre“ angegeben, um sich in das Thema einzulesen. Die entsprechende Lektüre wird nach Möglichkeit als Scan zur Verfügung gestellt (Moodle), sofern sie nicht als E-Book in der Bibliothek verfügbar ist. Daneben können Sie selbstverständlich weitere Quellen ihrer persönlichen Wahl heranziehen, um sich mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen. (Anmerkung: Bücher der Lese-Empfehlungen zur Vorbereitung sind leider nicht elektronisch verfügbar und dürfen als "ganze Bücher" auch nicht gescannt werden. Eine Lektüre in der vorlesungsfreien Zeit lohnt sich dennoch!)
Zu den einzelnen Stunden finden Sie jeweils Aufgaben. Geplant war für den "normalen Seminarbetrieb", dass Sie diese Aufgaben als Vorbereitung auf (und Gundlage für) die betreffende Stunde erledigen. In Anbetracht der Umstände bitte ich jetzt darum, zunächst die Einstiegslektüre zur Kenntnis zu nehmen und nach der Lektüre die gestellten Fragen zu beantworten. Eine Beantwortung in Stichpunkten reicht völlig aus. Die Beantwortung soll lediglich dokumentieren, dass Sie sich mit der Einstiegslektüre (oder äquivalenter, anderer Lektüre Ihrer Wahl) auseinandergesetzt haben. Ich möchte Sie bitten, die Beantwortung über das Abgabesystem (Moodle) jeweils

bis zu dem im Seminarplan angegebenen Datum (!)

für die betreffenden Stunde einzureichen. Eine spätere Einreichung kann leider nicht akzeptiert werden, da ich nach diesem Datum (möglichst schon am darauf folgenden Tag) einige Anmerkungen zur jeweiligen Thematik (und zu Ihren Antworten) in Moodle einstellen werde.
Die Beantwortung der Fragen dient als Ersatz für die Anwesenheitsliste. Hiermit wird Ihre aktive Teilnahme am Seminar dokumentiert. Ich bitte, die betreffenden Antworten für jede Stunde einzusenden, NACHDEM Sie sich mit den Anmerkungen zur vorhergehenden Stunde auseinandergesetzt haben. (Die Inhalte der Stunden bauen aufeinander auf!) Sollten mehr als zwei Einsendungen unnentschuldigt (d.h. ohne ärztliches Attest oder einer sonstigen relevanten Bescheinigung) fehlen, muss ich Sie leider – wie bei der entsprechenden Regel für die Anwesenheitsliste – auf „inaktiv“ setzen (d.h.: das Seminar gilt dann als abgebrochen).
Bitte beginnen Sie Ihre erste Einsendung mit folgender Erklärung: Ich versichere, die Beantwortung der Fragen zu den Seminarstunden in allen Fällen selbstängig zu verfassen bzw. verfasst zu haben. gez. /Ihr Vor- und Nchname/.
Ich hoffe auf ein für Sie gewinnbringendes Seminar – trotz der gegenwärtigen Widrigkeiten!
 
Beste Grüße
Siegfried Schumann

Termine

Datum (Wochentag) Zeit Ort
05.11.2020 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
12.11.2020 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
19.11.2020 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
26.11.2020 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
03.12.2020 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
10.12.2020 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
17.12.2020 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
07.01.2021 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
14.01.2021 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
21.01.2021 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
28.01.2021 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
04.02.2021 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital
11.02.2021 (Donnerstag) 12:15 - 13:45 digital